Von Bütschwil aus führt die PostAuto Linie 765 durch das beschauliche Tössbergerland bis zur 953 Meter hohen Hulftegg. Der Pass bildet den Übergang zwischen dem Toggenburg und dem Zürcher Oberland. Im Sommer fahren an den Wochenenden die Kurse weiter bis zum Bahnhof Steg im Tösstal. Von da aus geht es mit einer Thurbo Zugskomposition weiter durch das von der Textilindustrie geprägte Tal bis nach Winterthur.
80.765, Bütschwil - Mühlrüti - Hulftegg - Steg im Tösstal
Die Ortschaft Bütschwil liegt im unteren Toggenburg an der Eisenbahnlinie Wattwil - Wil. Der kleine Bahnhof bildet den Ausgangspunkt von drei PostAuto-Linien. Eine davon trägt die Nummer 765 und führt unter der Woche im 30 Minuten Takt, am Wochenende stündlich in Richtung Mosnang. Nachdem der Anschluss von der S9 abgenommen wurde, passiert der Linienbus die mächtige Pfarrkirche St. Kilian und lässt das 3000 Seelendorf hinter sich. Ein kurzer Aufstieg führt hoch auf den Schreinersberg.
Nach gut fünf Minuten trifft das PostAuto im ländlichen Nachbarsdorf Mosnang ein. Während hier jeder zweite Kurs nach Libingen abzweigt, verkehren die anderen weiter durch das beschauliche Tössbergland in Richtung Hulftegg. Einst wurde die Linie vom Ein-Wagen PostAuto-Halter Wohlgensinger betrieben, bevor als Fusionsprodukt aus 9 PU`s die Postautobetriebe AG Unteres Toggenburg gegründet wurde, welche heute für den Betrieb zuständig ist. Derweil braust der Bus an mehrere Weilern und Bauernhöfen vorbei bis man wenig später die Ortschaft Mühlrüti erreicht.
Unter der Woche sowie an den Wochenenden im Winterhalbjahr wendet das Fahrzeug hier vor dem lokalen Käsereiladen, sofern beim Fahrer nicht die Weiterfahrt zur Hulftegg angemeldet wurde. Wenn dies der Fall ist, dann rollt das PostAuto weiter bergwärts zur 200 Meter höherliegenden Passhöhe. 1846 kam die Idee zum Bau der Hulfteggbahn auf. Das Projekt sah eine Linienführung von Flawil via Mühlrüti und Hulftegg nach Steg im Tösstal vor. Als dann die St. Gallisch - Appenzellische Eisenbahn doch die einfachere Linienführung über Aadorf realisierte, wurde das Bauvorhaben verworfen.
Doch zurück zur Reise. Auf der inzwischen gut ausgebauten Bergstrasse, welche in der Vor- und Nachsaison weiterhin viele Töfffahrer anzieht, windet sich der Linienbus zur Hulftegg und dem gleichnamigen Gasthaus hinauf. Der 953 Meter hohe Übergang bildet den Ausgangspunkt von zahlreichen Wanderungen, wie etwa dem 8 Kilometer langen Hulftegg-Rundweg. Seit 2020 verkehren auf der Westrampe an einzelnen Tagen historische PostAuto Kurse vom Tösstal zur Hulftegg (70.877), welche vom Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland angeboten werden.
Im Zuge dessen wurde die Westrampe als Bergpoststrasse signalisiert. Im Frühling 2023 wurde erstmals die offizielle PostAuto-Linie bis nach Steg im Tösstal verlängert. Seither sieht der Fahrplan an den Wochenenden von anfangs Mai bis ende Oktober sechs Kurspaare vor, welche bis in den Kanton Zürich verlängert werden. Diese erfreuen sich bei Wanderern und Ausflüglern gleichermassen grosser Beliebtheit. So lässt das Fahrzeug der Post nach einem kurzen Aufenthalt die Passhöhe hinter sich und rollt auf der 1867 erbauten Fahrstrasse ins Fischbachtal hinunter.
Nach vier Kehren erreicht der Bus die Höfe und Häuser vom Fuchsloch, welche zugleich die Kantonsgrenze zu Zürich bilden. Im Anschluss führt die Reise weiter durch das frühindustriell geprägte Seitental bis die Strasse in Steg ins Tösstal mündet. Schliesslich trifft das PostAuto nach rund 40 Minuten am Bahnhof Steg ein. Dank dem sich die Züge der S26 im benachbarten Fischenthal kreuzen, bestehen hier schlanke Anschlüsse in beide Richtungen. Für das Fahrzeug der Linie 765 geht es nach einer 10 minütigen Standzeit zurück ins Toggenburg.
754, Steg im Tösstal - Bauma - Winterthur
Halbstündlich wird der kleine Bahnhof Steg im Tösstal von THURBO Kompositionen der S26 angefahren. Seit 2006 ist die Ostschweizer Bahngesellschaft für den Betrieb auf der Tösstallinie zuständig. Das Bahntrasse ist jedoch nach wie vor Eigentum der Bundesbahnen. So rollt der Triebwagen auf der 1876 eröffneten Strecke ins Nachbarsdorf Bauma. 1901 wurde die durch den Einheimischen Adolf Guyer-Zeller erbaute Uerikon-Bauma-Bahn (UeBB) eröffnet, die in Bauma einen dritten Zugang zur Tösstalbahn bot.
Jedoch war diese Linie nie ein grosser Erfolg. Knapp 50 Jahre später wurde der Betrieb auf dem Abschnitt Uerikon-Hinwil eingestellt und die restliche Strecke ging nach der Elektrifizierung an die SBB über. Nachdem 1969 auch auf dem verbleibenden Abschnitt der Personenverkehr durch Busse ersetzt wurde, entschlossen sich ein paar Eisenbahnbegeisterte den Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland, kurz DVZO, zu Gründen. Seit 1978 bietet dieser in den Sommermonaten an Sonntagen fahrplanmässige Dampffahrten zwischen Hinwil und Bauma an.
Doch zurück zur Reise. Nach einem kurzen Aufenthalt lässt die Thurbo Komposition das Eisenbahnerdorf hinter sich und rollt über Saland und Wila nach Thurbental. Der Blick aus dem Fenster wird dabei geprägt von dicht bewaldeten Hügeln, steilen Tälern und Bachläufen, welche alle samt in den namensgebenden Fluss Töss münden. Diese Ressourcen waren verantwortlich, dass sich die Region im 19. Jahrhundert zur Textilhochburg entwickelte und zahlreiche Spinnereien und Webereien sich am Flusslauf ansiedelten und die Wasserkraft nutzten.
Das rattern der letzten Spinnereimaschine ist 2016 verstummt, trotzdem sind die grossen Fabrikgebäude immer noch präsent im Tal. Einige Werke wurden in den letzten Jahren zu Wohnhäusern umgebaut, um der starken Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden. Dank der Nähe zu den Zentren von Zürich und der Ostschweiz haben sich die Ortschaften im Tal zu beliebten Wohngemeinden entwickelt. Einen grossen Beitrag dazu hat auch die Tösstalbahn geleistet. Denn seit 1990 ist sie in das Netz der S-Bahn Zürich integriert. Mit einem durchgehenden 30 Minuten Takt
und dank der Bedienung zahlreicher kleinen Bahnhöfen bildet die S26 das Rückgrat des öffentliche Verkehrs im Tal. Der Triebzug rollt derweil weiter talauswärts über Rikon und Kollbrunn nach Sennhof-Kyburg. Das mittlere Tösstal ist übrigens bis heute auch als Chellenland bekannt, da sich die Bauern früher in den harten Wintern ihr Überleben mit dem Schnitzen von hölzernen Kochlöffeln sicherten. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Langsam nähert sich der Zug der sechst grössten Schweizer Stadt. Über den Vorortsbahnhof Grüze trifft man schliesslich im Bahnhof Winterthur auf der Gleisen 1 & 2 ein, wo die Reise ihr Ende findet.
Last Update:
Zuletzt gereist: