Die Grossstadt Zürich einmal anders erkunden

Zürich szu-Uetliberg-Fussmarsch-Felsenegg-Adliswil-Zürich szu

Die meisten verbinden mit Zürich eine Grossstadt, viel Verkehr und noch mehr Beton. Aber dass Zürich noch viel mehr zu bieten hat, soll diese Reise aufzeigen. Die Uetlibergbahn bringt einem auf den Hausberg der Stadt, wo sich ein ganz anderes, viel grüneres Zürich zeigt. Mit einem kleinen Spaziergang nach Felsenegg kann man am Besten spüren, wie nahe hier die Landschafts-Idylle und der Grossstadt-Dschungel zusammen liegen. Mit der einzigen Luftseilbahn im Kanton Zürich geht es hinunter nach Adliswil und von dort mit der Sihltalbahn zurück nach Zürich.

Das unterirdische Gleis 21 bildet der Ausgangspunkt der Uetlibergbahn
Das unterirdische Gleis 21 bildet der Ausgangspunkt der Uetlibergbahn

713, Zürich HB - Triemli - Uetliberg 

Zugegeben, der Ausgangspunkt der Uetlibergbahn gehört nicht zu den fotogensten Punkten auf dem GA-Netz. Der zweigleisige Bahnhof mit den Gleisnummern 21 und 22 der Sihlwald-Zürich-Uetliberg Bahn, kurz SZU, befindet sich seit 1990 versteckt im Untergrund. Die Linie wurde mit der Betriebsaufnahme der Zürcher S-Bahn vom ehemaligen Kopfbahnhof Selnau bis in den HB verlängert. So ging ein langer Traum der SZU in Erfüllung und die Bahn hat seither ihren Ausgangspunkt direkt im Zürcher Hauptbahnhof. 

Die Bahn hat den Tunnel verlassen und wird in Kürze die Sihl überqueren, rechts im Bild das Hürlimannareal der ehemals grössten Zürcher Brauerei
Die Bahn hat den Tunnel verlassen und wird in Kürze die Sihl überqueren, rechts im Bild das Hürlimannareal der ehemals grössten Zürcher Brauerei

So verlässt die rote Zugskomposition unter der Woche alle 15 Minuten, an den Wocheneden im 20 Minuten Takt den Zürcher Tiefbahnhof und rollt durch den doppelspurigen Tunnel zum Bahnhof Selnau, welcher heute ebenfalls untertags liegt. Der ehemalige Kopfbahnhof wurde nach der unterirdischen Linienverlängerung abgerissen und das Areal der Stadt Zürich zurückgegeben. Hier befindet sich auch der historisch bedingte Kilometer null der Uetlibergbahn. Wenig später kommen die Gleise wieder ans Tageslicht und überqueren den Flussverlauf der Sihl. 

Die SZU Komposition hat die Haltestelle Binz verlassen
Die SZU Komposition hat die Haltestelle Binz verlassen

In Giesshübel, wo sich das Depot und die Werkstätten der SZU befinden, gabeln sich auch die Strecken der Sihltal- und der Uetliberg-Bahn. Die beiden ehemaligen eigenständigen Unternehmen fusionierten 1973 zur Sihltal-Uetliberg Bahn, kurz SZU. Während die Züge nach Sihlwald geradeaus weiterfahren, biegt die Uetlibergbahn mit einer grosszügigen Kurve um die Depotanlage herum rechts zur Haltestelle Binz ab. Das Bahntrasse führt nun mitten durch das dichtverbaute Quartier von Alt Wiedikon, passiert die Kreuzungsstelle Borrweg und gelangt zum Bahnhof Friesenberg. 

Die grosse Stahlkonstruktion funktioniert bis heute nicht richtig, deshalb passieren die Züge den Abschnitt mit gesenktem Pantographen
Die grosse Stahlkonstruktion funktioniert bis heute nicht richtig, deshalb passieren die Züge den Abschnitt mit gesenktem Pantographen

Hier kreuzt die Bahnstrecke seit 1952 die niveaugleichen Stromleitungen der Trolleybus Linie 32. Zu Zeiten als die Uetlibergbahn noch mit 1200 Volt Gleichstrom gefahren ist, reichte eine vergleichsweise einfache Konstruktion der Fahrleitungskreuzung aus. Mit der Umstellung auf Wechselstrom im Jahre 2022 musste eine neue 32 Tonnen schwere Stahlkonstruktion her, welche bei den Anwohnern für Unmut sorgte. Leider funktionierte das Bauwerk nie richtig und so rollen die Züge bis auf weiteres mit gesenktem Stromabnehmer unter der Trolleybusleitung hindurch.

Links im Bild ist das Hochhaus des Triemlispitals gut zu erkennen
Links im Bild ist das Hochhaus des Triemlispitals gut zu erkennen

Der nächste Halt befindet sich wenig später beim Triemli Spital. Das dritt grösste Krankenhaus im Kanton Zürich hat rund 500 Betten und beschäftigt fast 3`000 Mitarbeiter. Aus diesem Grund wird bis hier hin Montag bis Freitag viertelstündlich gefahren, bzw. in den Stosszeiten sogar alle 10 Minuten. Im Anschluss beginnt die eigentliche Bergfahrt hoch zum Uetliberg. So lässt die rote Zugskomposition allmählich die Grossstadt hinter sich und rollt durch den dichten Wald zur Kreuzungsstelle Berghof hoch. Der Betrieb auf der Uetliberg Linie wird heute ausschliesslich mit modernen 

Die ab 2013 angeschafften Gelenktriebwagen Be 552 bewältigen heute den gesamten Verkehr am Uetliberg
Die ab 2013 angeschafften Gelenktriebwagen Be 552 bewältigen heute den gesamten Verkehr am Uetliberg

Stadler Gelenktriebwagen des Typs Be 552 abgewickelt. Diese wurden im Hinblick auf die 2022 realisierte Umstellung auf Wechselstrom zweistromfähig beschafft. Dazu war auch der Stromabnehmer seitlich verschiebbar, denn Jahrelang war die Stromleitung nicht in der Mitte, sondern seitlich verschoben. Die Hintergründe liegen in der Vergangenheit. So hatte die Uetlibergbahn immer wieder mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Während des ersten Weltkrieges musste der Betrieb aufgrund fehlender Finanzen eingestellt werden. 

Bis zur Umstellung auf Wechselstrom waren die Leitungen seitlich versetzt
Bis zur Umstellung auf Wechselstrom waren die Leitungen seitlich versetzt

1922 wurde dann eine Auffanggesellschaft gegründet, die auch die Elektrifizierung der Strecke ins Leben rief. Trotz der kurzen Gemeinschaftsstrecke, entschieden sich die seinerzeit noch eigenständigen Bahnen für zwei völlig unterschiedliche Stromsysteme. Bei der BZUe (Bergbahn-Zürich-Uetliberg) stand die Überlegung im Vordergrund, die Schienen einmal umzuspuren und mit der Anbindung ans Tramnetz eine Verlängerung an den HB zu erreichen. So entschied man sich für Gleichstrom mit einer Spannung von 1200 Volt. Die SiTB (Sihltal-Bahn) hatte in Wiedikon jedoch Anschluss ans SBB-Netz, 

Einfahrt im Bahnhof von Waldegg
Einfahrt im Bahnhof von Waldegg

so stand ausser Frage, dass man den Einheitsstrom der Bundesbahnen übernehmen wird. Damit sich die Stromleitungen zwischen dem HB und Giesshübel nicht berührten, wurden jene der Uetlibergbahn um 1300mm verschoben. Erst 100 Jahre später konnte man das Stromsystem beider Bahnen vereinheitlichen und die Uetlibergbahn wurde auf Wechselstrom umgebaut. Seiher ist auch der versetzte Strombügel Geschichte. Doch zurück in die Gegenwart. Nachdem mit dem Gegenkurs gekreuzt wurde, erreicht der rote Zug wenig später den Bahnhof von Uitikon-Waldegg. 

Der doppelspurige Bahnhof von Ringlikon befindet sich rund 500 Meter vom eigentlichen Dorf entfernt
Der doppelspurige Bahnhof von Ringlikon befindet sich rund 500 Meter vom eigentlichen Dorf entfernt

Hier besteht Anschluss mit der PostAuto Linie 201 hinunter ins Limmattal zu reisen. Für die rote Komposition der Uetlibergbahn geht es derweil weiter bergwärts. So schlängelt sich das Trasse durch den dichten Wald hinauf nach Ringlikon, dem letzten Zwischenhalt vor dem Gipfel. Der zweispurige Bahnhof liegt komplett im Grünen und befindet sich rund 500 Meter vom eigentlichen Dorfkern entfernt. Mit einer grosszügigen S-Kurve lässt der Zug die Haltestelle hinter sich und windet sich weiter empor. Dabei ist die zu überwindende Differenz nicht zu unterschätzen. 

Die Uetlibergbahn passiert im obersten Abschnitt eine herrlich ländliche Szenerie
Die Uetlibergbahn passiert im obersten Abschnitt eine herrlich ländliche Szenerie

Denn sie galt mit einer maximalen Steigung von 79 Promille lange Zeit als steilste normalspurige Adhäsions-Eisenbahnstrecke von Europa. 2007 wurde sie von ihrem Spitzenplatz durch die Stuttgarter Stadtbahnlinie U 15 verdrängt, die einen Anstieg von 85 Promille bewältigt. Während des letzten Aufstiegs ergibt sich auf der rechten Seite ein herrlicher Ausblick auf das ländlich geprägte Reppischtal. 20 Minuten nachdem der Zug den hektischen Zürcher Hauptbahnhof verlassen hat, fährt die Komposition auf dem 814 Meter über dem Meer liegenden Endbahnhof ein. 

Einfahrt auf dem 814 Meter hohen Endbahnhof
Einfahrt auf dem 814 Meter hohen Endbahnhof

Hier verlassen viele naturhungrige Stadtmenschen den Zug und verschwinden in der weitläufigen Natur. Der eigentliche Gipfel befindet sich mit 869 Metern noch einmal 55 Meter höher und muss zu Fuss erklimmt werden. Der Aufstieg ist jedoch lohnenswert, denn die Aussicht, die sich vom Uto Kulm auf die Limmatstadt, den Zürichsee und das Umland ergibt, ist fantastisch. Zuoberst empfängt seit 1815 das Berggasthaus Uto Kulm seine Gäste. Direkt neben dem Hotelkomplex befindet sich seit über 100 Jahren ein Aussichtsturm, welcher ein noch besseren Ausblick ermöglicht

Ein letzter Blick zurück zum Uetliberg
Ein letzter Blick zurück zum Uetliberg

Spaziergang: Uto Kulm - Felsenegg (6 km. | 1,5 h)

Vom Uetliberg aus hat man unzählige Möglichkeiten, eine davon ist der rund 1 ½ stündige Spaziergang zur Felsenegg. Der Weg verläuft auf einer breiten Kies-Fahrstrasse und ist mehrheitlich flach. Auf der gemütlichen Wanderung zeigt sich wie nahe Grossstadt und Landidylle beieinander liegen. Links im Talgrund liegt die dicht verbaute Stadt Zürich. Auf der rechten Seite hingegen zeigt sich eine wunderschöne grüne Landschaft mit Bauernhöfen und weidenden Kühen. Und auch das ist Zürich… Nach rund 6 Kilometer ist die Bergstation der LAF in Sicht.

Die Luftseilbahn Adliswil-Felsenegg ist eine der wenigen Bahnen, die vorwiegend talwärts benützt wird
Die Luftseilbahn Adliswil-Felsenegg ist eine der wenigen Bahnen, die vorwiegend talwärts benützt wird

2705, Felsenegg - Adliswil

Bei der Felsenegg befindet sich die Bergstation der einzigen öffentlichen Luftseilbahn im Kanton Zürich. Die Seilbahn ist das ganze Jahr über bis in die späten Abendstunden in Betrieb. Als eine von wenigen Pendelbahnen in der Schweiz verzeichnet sie mehr Talfahrten als Bergfahrten. So erleichtert sie vielen Ausflüglern den Abstieg ins rund 300 Meter tieferliegende Adliswil. Alle 15 Minuten setzt sich die für 30 Personen platzbietende Gondel in Bewegung und nimmt die fünf minütige Talfahrt in Angriff. 

Von der Gondel geniesst man einen herrlichen Ausblick auf das Sihltal
Von der Gondel geniesst man einen herrlichen Ausblick auf das Sihltal

Die Bahn, welche heute ebenfalls zur Sihltal-Zürich-Uetliberg Bahn gehört, bildet einen wichtigen Standpunkt im Zürcher Freizeitverkehr. Bereits im Jahr 1934 lag ein Projektentwurf für den Bau einer Standseilbahn zwischen Adliswil und der Felsenegg auf dem Tisch. Mangels finanziellen Mitteln scheiterte dieses Projekt vorerst. 20 Jahre später wurde die Luftseilbahn eröffnet und erfreut sich bis heute grosser Beliebtheit. So gleitet die rote Kabine die rund 1 Kilometer lange Strecke hinunter nach Adliswil, wobei man einen herrlichen Ausblick geniessen kann.

Die von einer Re 456 gezogene Doppelstock-Komposition fährt in Adliswil ein
Die von einer Re 456 gezogene Doppelstock-Komposition fährt in Adliswil ein

712, Adliswil - Zürich HB

Adliswil liegt an der Eisenbahnstrecke Zürich-Sihlwald, die auch durch die SZU betrieben wird. Die Bahn nahm 1892 ihren Betrieb zwischen dem damaligen Kopfbahnhof Selnau und Sihlwald auf. Sie diente neben dem Personenverkehr hauptsächlich für den Transport des aus dem Sihlwald stammenden Holzes. Dieses wurde in Giesshübel an die Nordostbahn weiter gegeben. Fünf Jahre später eröffnete die NOB die Zufahrtsstrecke zur Gotthardbahn, so nutzte die SiTB die Gelegenheit und verlängerte die Linie bis Sihlbrugg.

 

Der Zug erreicht die Haltestelle Giesshübel
Der Zug erreicht die Haltestelle Giesshübel

Auf Grund der geringen Nachfrage auf dem letzten Teilstück wurde im Dezember 2006 der Betrieb zwischen Sihlwald und Sihlbrugg jedoch wieder eingestellt. Seither enden sämtliche Personenzüge in Sihlwald. Das Bahntrasse bleibt zwar weiterhin erhalten, ist aber praktisch ungenützt. 2012 folgte dann auch die SBB, und gab die Station Sihlbrugg auf, die den Bahnhof auf der Strecke Zürich-Zug anfuhr. So halten heute nur noch die gelegentlichen Museumsfahrten in Sihlbrugg. Aber zurück zur Reise, von Adliswil verläuft die Strecke mehrheitlich der Sihl entlang.

Im unterirdischen Bahnhof der SZU schliesst sich der Kreis dieser Reise wieder
Im unterirdischen Bahnhof der SZU schliesst sich der Kreis dieser Reise wieder

So gelangen man über Brunau zur neuen Station Saalsporthalle. Hier befindet sich auch das 2007 eröffnete Sihlcity. Das gigantische Einkaufszentrum entstand auf dem ehemaligen Gelände der Zürcher Papierfabrik. Unweit danach erreicht der Zug den Bahnhof sowie die Depot-Anlagen von der SZU in Giesshübel. Hier schliesst sich der Kreis der Reise wieder. Nun verschwinden die Schienen im Dunkeln und der Zug gelangt dank dem Tunnel unter den Hauptbahnhof. Auf dem Gleis 22, welches ursprünglich für die Zürcher U-Bahn gebaut wurde, die jedoch nie realisiert wurde, enden die Gleise der SZU.


Last Update: 05.01.2024

Zuletzt gereist: 04.01.2024